Niemand sollte je die Bedeutung der chemischen für die verarbeitende Industrie unterschätzen. Denn die eine könnte ohne die andere nicht existieren
FÜR einen Atheisten ist Professor Peter Atkins stark vom Glauben geprägt.
Doch er glaubt nicht an Gott, sondern an die chemische Industrie. Und an den wichtigen Beitrag, den sie in der Welt von heute und von morgen leisten kann.
„Ohne chemische Industrie würde der Welt die Farbe fehlen”, sagt er. „Wir würden unter Steinzeitbedingungen leben, wären unterernährt, in Felle gekleidet, ohne die vielen Geräte, die unser Leben erleichtern und uns unterhalten. Unser Leben wäre kurz und schmerzvoll.”
Der emeritierte Chemieprofessor der Universität Oxford in Großbritannien hält Chemie für enorm wichtig für uns alle.
Doch leider werde Chemie oft falsch verstanden.
„Die meisten Menschen wissen rein gar nichts darüber, wie die Produkte, die sie im Alltag verwenden, hergestellt werden”, sagt Lawrence D. Sloan, Präsident und CEO der Society of Chemical Manufacturers and Affiliates. „Für mich, der ich mein ganzes Berufsleben lang Teil der chemischen Industrie gewesen bin, ist das extrem frustrierend.”
Die petrochemische Industrie wandelt Rohstoffe wie Wasser, Öl, Erdgas, Luft, Metalle und Mineralien in komplexere Produkte um, die die Hersteller dann wiederum – für die Erzeugung all derjenigen Produkte verwenden, die wir wollen, brauchen und täglich benutzen. Wenn man genau hinschaut basiert mehr als 96 Prozent von allem, was in der Welt hergestellt wird, auf Chemikalien.
Ein Teil des Problems für die chemische Industrie besteht darin, dass die Öffentlichkeit sie nicht als eine der wichtigsten Industrien der Welt ansieht – und das ist eine Wahrnehmung, die sich ändern muss.
„Wie man das ändern kann, ist und bleibt die Millionenfrage”, so Lawrence. „Unsere Organisation und andere, ähnliche Organisationen stehen vor der großen PR-Herausforderung, unsere gewählten Amtsträger regelmäßig zu informieren und für unsere Branche einzutreten, so dass ihre entscheidende Bedeutung für die Gesellschaft verstanden wird. Denn keine andere Branche trägt so viel zur modernen Welt bei wie wir.”
Er beschrieb die chemische Industrie als den „stillen Helden”.
„Zu viele meinen, die Industrie übernehme keine Verantwortung für die Gesundheit und das Wohlergehen ihrer Mitarbeiter oder für die Umwelt”, sagt er. „Aber es ist absurd zu glauben, dass die Industrie sich selbst schaden möchte, nur um die Gewinnspannen um einen oder zwei Prozentpunkte zu erhöhen.”
Beim alljährlichen Dinner des britischen Verbands der chemischen Industrie sagte INEOS Communications Director Tom Crotty vor den Delegierten: „Wenn die Regierung tatsächlich hinter einer Renaissance der verarbeitenden Industrie steht, dann muss sie begreifen, dass eine florierende Chemieindustrie entscheidend ist.”
Denn die Produkte und Technologien der chemischen Industrie werden zur Herstellung verschiedenster Dinge, von Lacken über Kunststoffe und Textilien bis hin zu technischen Geräten, Arzneimitteln und Mobiltelefonen verwendet.
Doch als energieintensive Industrie braucht sie, wenn sie überleben soll, Zugang zu kostengünstiger Energie. Das ist in Amerika kein Problem, wo die verarbeitende Industrie derzeit eine Renaissance erlebt, weil die Preise für die von den Produzenten benötigten Rohstoffe dank großer Mengen von preiswertem Schiefergas gesunken sind.
Aber es ist ein Problem für Europa, wo die Energiekosten außer Kontrolle geraten sind und die Hersteller auf dem Weltmarkt kaum noch mithalten können.
Tom, der auch Präsident der CIA (Chemical Industries Association, britischer Verband der chemischen Industrie) ist, meint, Großbritannien müsse in Sachen Energieversorgung dringend etwas unternehmen, um seine chemische Industrie neu zu beleben.
In einer aktuellen Umfrage zur britischen Glas- und Verglasungsindustrie durch Pilkingtons UK gelten die steigenden Materialkosten – bedingt durch die Energiekosten – als das derzeit „größte Hindernis” für die Unternehmen. Dies sei nach ihren Angaben auch die größte Herausforderung für die nächsten zwei Jahre.
Die Bedeutung der chemischen Industrie, die die Rohstoffe für die verarbeitende Industrie liefert, ist daher nicht zu unterschätzen. Die beiden sind untrennbar miteinander verbunden. Innovation setzt sehr oft genau hier an.
„Die Leute nehmen die unglaublichen wissenschaftlichen Entdeckungen als selbstverständlich hin, die die spezialisierte chemische Industrie weiterhin macht und die zum Beispiel für Elektronik, lebensrettende Medikamente und Niedrigenergie-Häuser zum Einsatz kommen, ohne die wir uns ein Leben nicht mehr vorstellen können“, sagt Lawrence.
INEOS beschäftigt 17.000 Menschen an 65 Standorten in 16 Ländern und ist stolz auf seine Leistung, das Leben der Menschen einfacher und komfortabler gemacht zu haben.
INEOS stellt unter anderem her:
Lösemittel, die bei der Produktion von Insulin und Antibiotika verwendet werden.
Effiziente und effektive Biokraftstoffe für den modernen Verkehr.
Chlor für die Reinigung von Trinkwasser.
Synthetische Öle, die zur Reduktion der CO2-Emissionen beitragen.
Moderne, starke und zugleich leichte Kunststoffe für Verpackung, Schutz und Haltbarkeit von Speisen und Getränken.
Materialien für die Isolierung von Häusern, Büros, Elektro- und Telekommunikations-Leitungen.
Produkte, die den Bau von Autos ermöglichen, die weniger Kraftstoff verbrauchen – was wiederum zur Reduktion der CO2-Emissionen beiträgt.
Die Liste ließe sich fortsetzen – so wie die Arbeit hinter den Kulissen fortgesetzt wird, um innovative Lösungen für die vielen Herausforderungen der heutigen Gesellschaft zu finden.
„Chemische Produkte und Technologien kommen in fast allen Bereichen der Weltwirtschaft zum Einsatz”, sagt ein Sprecher der International Congress and Convention Association (ICCA), der globalen Stimme der chemischen Industrie.
„Mit dem Wachsen der Weltwirtschaft steigt auch die Nachfrage nach Produkten der chemischen Industrie. Dieses Wachstum treibt die Produktinnovation voran, die Branche bringt jedes Jahr neue Produkte heraus und bemüht sich zugleich, die Produktionsprozesse zu verbessern und die Ressourcen effizienter einzusetzen.”
Im Jahr 2014 investierte der amerikanische Chemieverband (ACC) 59 Milliarden Dollar in Forschung und Entwicklung, das entspricht mehr als 185 US-Dollar pro Person in den Vereinigten Staaten.
„Wir investieren mehr in Innovationen als die Elektronik-, Kfz- und die Gesundheitsindustrie”, sagt Cal Dooley, CEO und Präsident des ACC. „Chemieunternehmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie ständig neue, originelle und innovative Ideen auf den Markt zu bringen – das wird morgen nicht anders sein.”
Der ACC meint allerdings, für die Fortsetzung der bahnbrechenden Arbeit der chemischen Industrie müssten die USA sich auch für eine Energiestrategie entscheiden, die die heimischen Energieressourcen einschließlich der enormen Schiefergasvorkommen, nutzt.
Dieser Ansicht ist auch Steve Elliott, Chief Executive der Chemical Industries Association.
Er wünscht sich, dass Großbritanniens 50-Milliarden-Dollar-Chemieindustrie die Energie im eigenen Boden nutzt, statt auf importiertes Erdgas zu setzen.
„Die Schiefergasvorkommen des Vereinigten Königreichs werden für eine sicherere Gasversorgung und für mehr Beschäftigung und Wachstum sorgen”, sagt er. „Ohne dieses Schiefergas werden die Gasimporte bis zum Jahr 2030 voraussichtlich 75 Prozent des Bedarfs erreichen. Britisches Schiefergas wird die Versorgung aufrechterhalten, während das Vereinigte Königreich den Übergang zu einer grünen Wirtschaft bewältigt.”
Als einer der weltweit größten Wirtschaftszweige – 2014 lag der Umsatz bei über 5,4 Billionen Dollar – hat die chemische Industrie tiefgreifende Auswirkungen auf die Welt, in der wir leben, und das wird auch in Zukunft so sein, wenn sich die Gesellschaft bemüht, eine gesündere, sicherere und nachhaltigere Welt zu schaffen.
„Leider hat das Wort ‚grün’ für die Menschen unterschiedliche Bedeutungen”, findet Lawrence. „Manche denken, eine chemische Fabrik könne von Natur aus niemals ‚grün’ sein, weil dort mit Chemikalien gearbeitet wird, was von vornherein schlecht ist.”
Die chemische Industrie weiß, dass sie die öffentliche Wahrnehmung ändern muss, wenn die Menschen begreifen sollen, wo diese Industrie ihren Platz im modernen Leben hat.
„In allen Industrieländern steht hinter einer leistungsfähigen verarbeitenden Industrie eine starke, wettbewerbsfähige chemische Industrie, weil Chemikalien und Materialien wesentliche Bestandteile sind, auf denen die Fertigung aufbaut”, sagt Steve. „Ohne deren Prozesse und ‚Baustein’-Produkte könnte der Rest der Produktion gar nicht stattfinden.”
Er meint, die Industrie sei zwar energieintensiv, ihre Produkte würden jedoch über ihre Lebensdauer mehr als zweimal so viel Energie einsparen wie zu ihrer Herstellung benötigt wird.
„Wir bringen die grüne Zukunft”, sagte er.