Wandel ist die einzige Konstante im Leben. In den letzten Jahrzehnten war das Tempo des Wandels allerdings alarmierend. Niemand ist immun dagegen und es gibt keine Anzeichen für eine Verlangsamung...
In den letzten Jahrzehnten hat das Arbeitsleben möglicherweise die größte Veränderung seit der industriellen Revolution durchlaufen, die selbst weltweit zu durchschlagenden Veränderungen führte.
Und das Tempo der Wandels zeigt keinerlei Anzeichen für eine Verlangsamung.
„Im 21. Jahrhundert werden wir nicht 100 Jahre Fortschritt erleben, es werden eher 20.000 Jahre Fortschritt sein“, sagt der Amerikaner Ray Kurzweil, den das Forbes Magazine als die „ultimative Denkmaschine“ bezeichnet.
Der technische Fortschritt hat die Geschäftswelt revolutioniert.
1975 sagte George Pake, damals Leiter der Forschungsabteilung von Xerox, das Büro der Zukunft voraus.
„Es steht absolut außer Frage, dass es in den nächsten 20 Jahren eine Revolution im Büro geben wird“, erklärte er Business Week. „Was wir tun, wird das Büro so stark verändern wie das Düsenflugzeug das Reisen revolutioniert hat und das Fernsehen das Familienleben verändert hat.“
Er prognostizierte, dass sein Büro 1995 vollständig anders sein würde. Ein Bildschirmgerät und eine Tastatur würden auf seinem Schreibtisch stehen.
„Ich werde in der Lage sein, Dokumente aus meinen Akten auf dem Bildschirm oder per Knopfdruck abzurufen“, erklärte er. „Ich kann meine Post oder Mitteilungen erhalten. Ich weiß nicht, wie viele Ausdrucke [gedrucktes Papier] ich in dieser Welt haben möchte.“
Abgesehen von der Sache mit dem Papier hat er es genau getroffen.
Heutzutage haben wir nun drahtloses Internet, E-Mail, Smartphones, virtuelle Videokonferenz-Tools und Soziale Netzwerke mit Einfluss wie Facebook, Twitter, TripAdvisor und Rotten Tomatoes, die sich alle mit phänomenaler Geschwindigkeit ausgeweitet haben.
Menschen können von Zuhause aus, im Auto, im Büro oder während eines Fluges in 7.500 Metern Höhe weltweit in Sekunden mit ihnen bekannten – und nicht bekannten – Personen kommunizieren.
Die Sozialen Medien haben den Menschen wieder Macht gegeben. Unternehmen, die diese Macht unterschätzen und negatives Feedback zu ihren Produkten und Dienstleistungen ignorieren, tun dies auf eigene Gefahr.
„In dieser neuen Welt spielt Vertrauen eine enorm große Rolle und Kunden sind eher bereit, der Bewertung einer Kollegin/eines Kollegen oder anderer Kunden zu trauen als den Behauptungen eines Unternehmens über sein Produkt oder seine Dienstleistung“, erläuterte John J. Sviokla, Geschäftsführer bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC in den USA, zuständig für Strategie und Innovation.
Aber wer treibt diesen Wandel voran?
Kunden verlangen zweifellos Besseres, Schnelleres, Preisgünstigeres und möchten mit weniger Einsatz mehr erreichen.
Doch Unternehmen, die mit hartem Wettbewerb konfrontiert sind, stehen gleichermaßen unter zunehmendem Druck, Änderungen zu treffen.
1975 kostete der schnellste Super-Computer 5 Millionen US-Dollar. Heute könnte ein iPhone zum Preis von 400 US-Dollar dieselbe Leistung vollbringen.
Im vergangenen Jahr besaßen schätzungsweise 4,55 Milliarden Menschen ein Mobiltelefon. Das entspricht nahezu 70 Prozent der Weltbevölkerung. Die Anzahl der Smartphone-Besitzer/innen belief sich auf 1,75 Milliarden.
Smartphones erzeugen heute fast das doppelte Datenverkehrsvolumen wie PC, Tablet-Computer und Router – und nach den Prognosen wird sich dies bis 2019 verzehnfachen.
Unternehmen brauchen eine Vision, Hartnäckigkeit und letztlich Organisations-, Durchführungs- und Wandlungsfähigkeit, um von dem Veränderungsklima zu profitieren.
„Diese Qualitäten sind heute von noch größerer Bedeutung, weil die Welt komplexer ist als vor einem Jahrzehnt“, erklärte Sviokla. „Doch es gibt Maßnahmen, die das Management ergreifen kann, um von diesem sich rasch verändernden Umfeld zu profitieren statt davon erdrückt zu werden.“
PwC befragte kürzlich 1.322 Unternehmensleiter/innen aus 77 Ländern.
Über der Hälfte von ihnen war nichts ferner als erdrückt zu werden: Sie nahmen heute mehr Chancen wahr als vor drei Jahren.
„Wenn wir aus 2014 überhaupt eine Lehre ziehen, so die, dass in unserer zunehmend technikgeleiteten Welt keine Branche, kein Unternehmen und keine Regierung gegen die Auswirkungen des Wandels immun ist“, sagte Sviokla.
„Aber selbst bei diesem schnellen Veränderungstempo erkennen wir trotz zunehmend unbeständiger und störungsanfälliger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen grundsätzlich eine optimistische Stimmungslage bei den CEO.“
Die Unternehmen, die strategisch denken und aktiv Partnerschaften mit einer heterogenen Mischung von Unternehmen, sogar mit Wettbewerbern, anstreben, um Zugang zu neuen Märkten und neuen Technologien zu erhalten, werden diejenigen sein, die überdauern und prosperieren, so Sviokla.
David Carder, Engagement Leader bei der amerikanischen Unternehmensberatung Kotter International, gab an, es sei ebenfalls wichtig, bei der Umsetzung von Veränderungen das „Engagement des Herzens“ nicht zu übersehen.
„Die Kraft, die von einer emotionalen Einbindung der Mitarbeiter ausgeht, wird von Führungskräften häufig enorm unterschätzt“, sagte er. „Aber sie kann weit reichen auf dem Weg zu Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen, die notwendig sind, um den Herausforderungen des Wandels standzuhalten, und zu dem Mut, die Veränderungen überhaupt erst auf sich zu nehmen.“
Eine Möglichkeit bestünde darin, gab er an, die Vision eines Unternehmens durch Geschichten, Videos und persönliche Erfahrungen zum Leben zu erwecken.
Nichtsdestoweniger würden viele einzelne Wirtschaftsführer/innen von dem Tempo des Wandels erdrückt.
Nach Carders Auffassung würden die Strukturen in Unternehmen mehr und mehr veralten.
„Im späten 19. Jahrhundert und Anfang des 20. Jahrhunderts funktionierte dies gut, weil es zum damaligen Zeitpunkt dem Umfeld entsprach“, erläuterte er. „Doch wir stellen fest, dass es heute viel weniger effektiv ist. Heute müssen Unternehmen beweglich sein und ein Netzwerk motivierter Gruppen von Beschäftigten haben, die innovativ sein und sich viel schneller anpassen können.“
Es ist schwer vorauszusagen, welche Technik und Trends unser Leben künftig beeinflussen werden.
Doch McKinsey‘s Global Institute hat kürzlich einen Versuch dazu unternommen. Es benannte zwölf potenzielle Technologien, angefangen bei Robotern mit erweiterten Sinnen bis zu selbstfahrenden Autos, die im Zeitraum bis zum Jahr 2025 einen enormen Einfluss auf die Weltwirtschaft haben könnten.
„Das Defilee von neuen Technologien und wissenschaftlichen Durchbrüchen ist unerbittlich und die Liste, auf der ‚The Next Big Thing‘ verzeichnet wird, wird immer länger“, verkündete ein Sprecher. „Aber manche Technologien verfügen in der Tat über das Potenzial, gegen den Status Quo anzugehen und die Art und Weise, wie Menschen leben und arbeiten, zu verändern. Wirtschaftsführer/innen müssen einsehen, dass die Wettbewerbsvorteile, auf die sie ihre Strategie stützen, im nächsten Jahrzehnt von neuen Technologien erodiert oder erweitert werden könnten.“
Einige im McKinsey‘s Report aufgeführte Technologien sind schon seit Jahren in der Entwicklung, andere sind eher überraschend.
Niemand ist sich sicher, was das Internet der Dinge, wo Maschinen miteinander sprechen können, für Unternehmen bedeuten wird, doch die Auswirkungen auf die Gesellschaft, die Wirtschaft – auf alles – werden voraussichtlich enorm sein.
Es geht gewissermaßen um die Entwicklung der Technologie, 50 Milliarden Geräte miteinander zu verbinden.
„Über die ungeheure Dimension dieser Idee lässt sich leicht spotten, aber Stück für Stück, Branche für Branche ist sie bereits real“, merkte Peter Day an, Wirtschaftskorrespondent der BBC. „Autos sind bereits weitgehend computergesteuert.“
Im Juni 2015 fand in London erstmals die „7th Future of Wireless International Conference“ statt.
„Die technologische Revolution hat gerade erst begonnen“, kommentierte ein Sprecher der Organisatoren der Konferenz, Cambridge Wireless. „Wie bei allen Revolutionen wird es unerwartete Veränderungen und neue Nutznießer geben. Vorhandene Marktteilnehmer und Strukturen werden ggf. obsolet oder müssen sich radikal anpassen. Aber der Wandel birgt Chancen ebenso wie Herausforderungen.“
Doch nicht jeder erkennt das, was geschieht, als positive Kraft an.
Professor Susan Greenfield, Neurowissenschaftlerin an der britischen Universität Oxford, ist der Auffassung, dass die Auswirkungen dieser Veränderungen – und deren Geschwindigkeit – unsere Gehirne in den nächsten 100 Jahren in einer Form beeinflussen werden, die unsere Vorstellungskraft übersteigt.
„Unsere Gehirne stehen unter dem Einfluss einer immer stärker expandierenden Welt neuer Technik – mehrkanaliges Fernsehen, Videospiele, das Internet, drahtlose Netzwerke, Bluetooth-Verbindungen“, erklärte sie. „Die Liste ist endlos.“
Diese Tendenz beunruhigt sie sehr.
„Wir könnten eine hedonistische Generation großziehen, die nur für den Nervenkitzel des vom Computer generierten Augenblicks lebt und mit dem klar erkennbaren Risiko, sich von dem loszulösen, was wir Übrigen als die reale Welt betrachten“, sagte sie.
1909 schrieb E. M. Forster eine Kurzgeschichte mit dem Titel „The Machine Stops“, ein apokalyptisches Bild einer von Computern beherrschten Zukunft.
„Jeder, der das Internet nutzt, sollte sie lesen“, empfahl Paul Rajlich, Wissenschaftler bei einem Forschungsprogramm des National Center for Supercomputing Applications in Illinois, USA.
„Diese meisterhafte Kurzgeschichte stellt die Rolle der Technik in unserem Leben ernüchternd dar, und sie ist heute ebenso relevant wie an dem Tag, an dem sie veröffentlicht wurde.“
Wie auch immer die Zukunft aussehen wird, das Tempo und der Umfang des Wandels wird unsere kühnsten Vorstellungen garantiert übertreffen.