Ist Wettbewerb gut oder schlecht für Kinder? Seit Jahren gibt es dazu geteilte Meinungen. Einige meinen, dass ein Kind ermutigt wird, wenn es sich in der heutigen wettbewerbsorientierten Gesellschaft behauptet, in der um alles wie Arbeitsplätze, Partner oder Häuser konkurriert wird. Andere sagen, der Wettbewerb schade dem Selbstwertgefühl und führe zu Missgunst. Egal, wie man dazu steht: das letzte Wort wurde dazu noch nicht gesprochen. Wir haben ein paar Meinungen von Personen zusammengetragen, die zu dieser Debatte etwas beitragen können...
Contra:
- Die meisten sind in dem Glauben groß geworden, dass ohne Wettbewerb alle dick, faul und mittelmäßig wären. Ich habe geglaubt, dass Wettbewerb gesund sei und Spaß machen kann, solange er im Rahmen bleibt. Aber es gibt keinen „gesunden“ Wettbewerb. In einer Wettbewerbskultur wird einem Kind vermittelt, dass es nicht genügt, gut zu sein. Es muss andere besiegen. Je mehr sich ein Kind dem Wettbewerb stellt, desto mehr braucht es ihn, um sich gut zu fühlen. Doch Gewinnen formt nicht den Charakter; das Kind kann sich damit nur kurzfristig brüsten. Definitionsgemäß können nicht alle einen Wettbewerb gewinnen. Gewinnt ein Kind, kann das andere nicht gewinnen. Wettbewerb bringt Kinder dazu, Gewinner zu beneiden und Verlierer abzulehnen. Zusammenarbeit hingegen ist überaus positiv, Kinder lernen, effizient zu kommunizieren, anderen zu vertrauen und auch jene zu akzeptieren, die anders als sie sind. Kinder fühlen sich besser, wenn sie mit anderen zusammenarbeiten, statt gegen sie. Ihr Selbstbewusstsein hängt nicht davon ab, ob sie einen Rechtschreibwettbewerb oder ein Spiel der Little League (Baseballliga für Kinder zwischen 8 und 12 Jahren) gewinnen.
US-Schriftsteller Alfie Kohn, Autor von „No Contest: The Case Against Competition”. - Sportliche Wettbewerbe sind schlecht für Kinder, wenn von den Teilnehmern mehr erwartet wird, als sie leisten können. Wir haben dies festgestellt und deshalb Schwerpunkte in der Vereinsleichtathletik landesweit verändert. Neue Disziplinen im Bereich Kinderleichtathletik wurden so konzipiert, dass sie speziell für Kinder zwischen 6 und 11 Jahren geeignet sind. Mannschaftswettbewerbe haben Priorität, da Kinder an einer Reihe von Disziplinen teilnehmen können. Alle Kinder, die teilnehmen wollen, dürfen dies auch und können nach einer Siegerehrung stolz ein Zertifikat für ihre Teilnahme mitnehmen. Leichtathletikwettbewerbe waren bei Kindern schon immer beliebt. Kinder wollen sich in Kraft und Geschicklichkeit mit anderen messen. Seit Anfang des Jahres haben wir diese angeborene Motivation gestärkt, indem wir Kindern neue Formen von Wettbewerben und Disziplinen angeboten haben, die jetzt noch attraktiver, herausfordernder und spannender sind.
David Deister, Projektleiter, Deutscher Leichtathletikverband - Wettbewerb hat sich bis zu einem gewissen Grad als nützlich erwiesen, aber das ist auch alles. Zusammenarbeit hingegen – und darum sollten wir heute bemüht sein – beginnt dort, wo der Wettbewerb aufhört.
Franklin D. Roosevelt, ehemaliger Präsident der USA - Es gibt genügend Gelegenheiten im Leben, bei denen Kinder enttäuscht werden und lernen, damit umzugehen. In unserer Schule helfen wir ihnen, sich auf alle Lebensphasen vorzubereiten. Die Kinder müssen keine Verlierer sein, solange sie in unserer Schule sind.
Elizabeth Morley, Direktorin des Institute of Child Study Laboratory School, Toronto, Kanada
Pro:
- Gesunder Wettbewerb beflügelt Kinder, ihr Bestes zu geben und nicht nur gut genug zu sein. Wenn Schülerinnen und Schüler im Wettbewerb stehen, werden sie neugieriger, suchen allein nach Lösungen und lernen, mit anderen zu arbeiten. Sie bemühen sich darum, mehr zu leisten, als verlangt wird. Diese Fähigkeiten bereiten die Kinder auf alle möglichen zukünftigen Situationen vor. Ob es darum geht, sich um einen Studienplatz zu bewerben, eine Beförderung anzustreben oder ein Heilmittel gegen Krebs zu finden – ihre Wettbewerbsfähigkeit wird ihnen einen entscheidenden Vorteil einräumen.
Jennifer Veale, Gründerin und verantwortliche Direktorin bei TrueCompetition.org - Wettbewerb kann ein zweischneidiges Schwert für Kinder sein: unter den richtigen Bedingungen können positive Wertvorstellungen gefördert werden, doch bei falschen Bedingungen kann ein negatives Umfeld entstehen, das demotivierend wirkt. Wettbewerb kann gesund sein, wenn die Kinder dadurch Rückmeldungen über ihre Leistungen und Verbesserungsmöglichkeiten erhalten, wenn Gewinnen nicht das einzige oder hauptsächliche Ziel ist und wenn Kinder dadurch sich selbst in schwierigen Situationen besser kennen lernen. Unter diesen Umständen kann Wettbewerb eine wertvolle Lektion für unsere Kinder sein, die sie in der Schule normalerweise nicht lernen. Leider führt die weit verbreitete, für viele Wettbewerbssituationen typische Einstellung, um jeden Preis gewinnen zu müssen, dazu, dass die Motivation der Kinder darunter leidet und sie Aktivitäten meiden oder ganz aufgeben, die ihnen sonst Spaß machen würden. Es ist wichtig, dass Trainer/innen, Lehrer/innen und Eltern zusammenarbeiten, um den Kindern diese wichtigen Lektionen über Wettbewerb zu erteilen. Dadurch können unsere Kinder – ob sie nun gewinnen oder verlieren – lernen, erwachsen zu werden und sind besser auf das Leben vorbereitet, das (wie bei einem Wettbewerb) Höhepunkte, Rückschläge und stetige Chancen bereit hält, um gut mit anderen zu spielen und Gegner mit Würde und Respekt zu behandeln.
John Tauer, Cheftrainer im Männerbasketball, Professor für Psychologie, University of St. Thomas, Minnesota - Wettbewerb tut Kindern gut. Es ist ganz normal, dass Menschen sich mit anderen messen, daher ist in dieser Beziehung Wettbewerb gesund. In einem Umfeld, das Kindern Rückhalt bietet, können sie lernen, auch eine Niederlage zu akzeptieren, ohne Selbstachtung zu verlieren. Allerdings wird das Ganze ungesund, wenn jemand zum Wettbewerb gezwungen wird oder meint, er müsse gewinnen, um Liebe oder Status innerhalb der Familie zu erhalten.
Lyn Kendall, Beraterin für Hochbegabte, British Mensa - Unsere landesweite Sorge um „Sicherheit an erster Stelle“ und die damit einhergehende Einstellung, Risiken abzulehnen, bringt eine Generation von Kindern hervor, die nicht gut vorbereitet sind auf eine Welt, in der man tagtäglich Risiken eingehen muss. Wettbewerb bringt Kindern bei, wie sie kritisch denken, Entscheidungen treffen und Probleme lösen können. Ohne diese Fähigkeiten können Länder in einer globalen Wirtschaft nicht wettbewerbsfähig bleiben. Andere Befürworter/innen aus Nordamerika behaupten, dass durch Wettbewerb das Lernen und die körperliche Fitness verbessert und Jugendliche weniger straffällig werden.
Sir Digby Jones, ehemaliger britischer Staatssekretär für Handel und Investitionen - Wir müssen die Einstellung, dass „alle Preise bekommen müssen“ ändern und Kinder dazu bringen, dass sie von klein auf gern Leistungssportarten ausüben und in Sportvereine eintreten, um ihre Träume zu verwirklichen. Deshalb steht jetzt in britischen Grundschullehrplänen, dass Leistungssportarten angeboten werden müssen.
David Cameron, britischer Premierminister