Nachhaltigkeit steht im Mittelpunkt der Arbeit von INEOS auf der ganzen Welt. aber wie geht das Unternehmen mit diesem viel diskutierten Thema um? Um das herauszufinden, traf sich Tom Crotty mit Jim Dawson, EXCO-Mitglied von INEOS und vorsitzender von INEOS Technologies, Oxide mit Bio, ein Manager mit umfangreichem Praxishintergrund in der Petrochemie.
Tom: Viele Unternehmen haben in eigene Abteilungen für Nachhaltigkeit investiert, INEOS aber nicht. Betrachtet INEOS das Thema Nachhaltigkeit nicht als wichtig genug, als dass es eine eigene Abteilung rechtfertigen würde?
Jim: Ganz im Gegenteil. Nachhaltigkeit ist für INEOS sehr wichtig. Sie ist Bestandteil aller unserer Aktivitäten. Wir sind nicht die Art von unternehmen mit einer großen Zentrale, die permanent ‘Nachhaltigkeit’ kommuniziert. Wir erwarten von jedem Geschäftsbereich und jedem Mitarbeiter, dass dieses Konzept als Teil des täglichen Geschäfts verstanden wird.
Ich kann mich erinnern – ich bin ja nicht mehr ganz jung –, dass vor etwa 40 Jahren der Ölpreis bei $2 lag (das entspräche ca. $10 in der heutigen Zeit) und Energie insgesamt billig war. Heute und in den letzten Jahren liegt der Preis weltweit bei ca. $110. Deshalb herrscht großer Druck, den Energieverbrauch zu senken und energiesparende Produkte zu erzeugen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Effizienzverbesserung unserer Anlagen. Wir investieren in leistungsfähigere Wärmetauscher. Wir verbessern die Zuverlässigkeit und reduzieren den Fackelbetrieb. Wir machen unsere öfen effizienter. Dadurch fällt unser Energieverbrauch erheblich. Und die Produkte, die wir herstellen, bieten der Gesellschaft auch erhebliche Vorteile.
Produkte wie expandier bares Polystyrol zum Beispiel. Wir bieten eine spezielle Version für die Gebäudeisolierung unter dem Namen EPS Silver an. Es ist eine besondere Form von EPS mit einer im Vergleich zu Standardprodukten um 20% verbesserten Energieeffizienz. Das ist nur ein Beispiel für die herstellung von Produkten, die positiv für eine nachhaltige Entwicklung sind. Im Durchschnitt werden für jedes Kilogramm emittierten Kohlenstoffs aus der Produktion von Chemikalien zwei Kilogramm Kohlenstoff bei deren Verwendung eingespart.
Tom: INEOS spricht oft über die Bedeutung guter Nachbarschaft. Warum ist das so wichtig für die Nachhaltigkeit des Unternehmens?
Jim: Es ist in vielerlei Hinsicht wichtig. Wir müssen Vertrauen und ein gutes Verhältnis zu unseren benachbarten Gemeinden pflegen. Ein Grund ist natürlich, dass wir eine Menge Leute an unseren Standorten beschäftigen, die in den benachbarten Gemeinden leben. Es ist sehr wichtig, bezüglich der Aktivitäten an unseren Standorten transparente Verhältnisse zu schaffen. Ein gutes Beispiel sind Sicherheit und Umwelt. Beides ist für uns sehr wichtig. Wenn wir das richtig hinbekommen, haben unsere Nachbarn Vertrauen in uns. Wir nehmen Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz auf höchstem Niveau sehr ernst. Wir haben 15 Geschäftsbereiche und treffen uns alle ein bis zwei Monate zu Vorstandssitzungen. Zu Beginn jeder Sitzung besprechen wir Arbeits- und Anlagen-Sicherheitsthemen sowie die Einflüsse auf die Umwelt. Und ich freue mich, dass das vergangene Jahr bezüglich unserer Sicherheitsleistung eines der besten in der Geschichte von INEOS war, was genauso für die Auswirkungen auf die Umwelt gilt. Daher denke ich, dass wir der Gemeinschaft und uns selber Gutes tun, wenn wir an diesen Themen arbeiten. Wir fuhren auch an vielen Standorten Treffen mit Gemeindevertretern durch, so dass die Menschen vor Ort genau wissen, was in den benachbarten Betrieben vor sich geht.
Tom: Ein weiterer wichtiger Aspekt der Nachhaltigkeit liegt darin, die richtigen Leute zu werben und zu halten. Wie investiert INEOS in die ausbildung und Entwicklung hin zu einer bestmöglichen Belegschaft?
Jim: Wir bewegen uns in einem technisch anspruchsvollen Umfeld und es herrscht ein großer Wettbewerb. Daher müssen wir sicherstellen, dass wir die richtigen Leute werben und halten, und zwar auf allen Ebenen der Organisation. Dabei kann es sich um Lehrstellen handeln, wo wir versuchen, den Betrieb an unserer Anlage zu verbessern und Aufstiegsmöglichkeiten zu bieten. Oder das Graduiertenprogramm, wo wir daran arbeiten, den Leuten diverse Trainingsmöglichkeiten zu bieten, so dass sie ihre Entwicklung nach ihren Wünschen gestalten können sowie die Gelegenheit bekommen, in unterschiedlichen Bereichen zu arbeiten, und sich im Unternehmen hocharbeiten können. Aus diesem Grund arbeiten wir mit möglichst vielen Institutionen zusammen, wie z.B. Schulen, Fachhochschulen und Universitäten, um die besten Nachwuchskräfte zu finden, die eines Tages die führung in unserem Unternehmen übernehmen werden.
Tom: Jim, wir haben viel über Unternehmenskultur gesprochen. Und die Kultur bei INEOS scheint den Unternehmergeist wirklich zu fördern. Warum ist das so?
Jim: INEOS hat seinen eigenen konzentrierten Stil. Konzentriert auf den wirtschaftlichen Erfolg, konzentriert auf Sicherheit und einen unternehmerischen ‘Das-schaffen-wir’-Stil. Wir brauchen ein solches Konzept, weil die chemische Industrie komplex und konkurrenzbetont ist. Chemikalien werden im Transportsektor, in der Medizin, in der Kommunikationstechnik, in Gebäuden, in einer ganzen Reihe von wichtigen märkten eingesetzt, und es ist Unternehmergeist erforderlich, um das Beste daraus zu machen. Dafür gibt es einige gute Beispiele. Die Verpackung von flüssigen Lebensmitteln ist uns allen vertraut. Wir können die Polyethylen- Beschichtung mithilfe von neuartigen Katalysatoren 35% dünner machen. Wir beschäftigen uns auch mit einfachen Dingen, wie zum Beispiel der Nutzung einer anderen Form von hochdichtem Polyethylen zur Verringerung des gewichtes von Flaschendeckeln. Das klingt trivial, aber wenn Sie überlegen, wie viele Milliarden von Flaschen produziert werden, dann machen solche kleinen Änderungen einen großen Unterschied aus. Ein weiteres Beispiel für unternehmerisches Denken sieht man bei unseren Bio-Kraftstoffen. Wir haben einen Prozess entwickelt, bei dem organische Abfälle, z.B. Hausmüll, in Bio-Ethanol umgewandelt werden. Diese werden zunächst zu Synthesegas vergast, das aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff besteht. Das Gas reagiert dann mit Mikroorganismen, die es in Ethanol umwandeln. Wir haben in Florida eine Industrieanlage mit einer Kapazität von 8 Millionen Gallonen (ca. 30 Millionen Liter) entworfen und gebaut. Es ist die erste ihrer Art weltweit. Es handelt sich hier um eine neue Technologie, deswegen haben wir derzeit eine recht zeitaufwändige Phase der Inbetriebnahme der Anlage. Das Handling mit Feststoffen am Anfang oder Flüssigkeiten in der Mitte des Prozesses braucht Zeit, um die Abläufe zu optimieren. Nach Abschluss werden wir Bio-Ethanol in kommerziellem Maßstab produzieren und dieses in den USA als Brennstoff vermarkten. Und das ist sicherlich ein Musterbeispiel für nachhaltige Entwicklung.
Tom: Warum ist es so wichtig, dass Firmen wie wir Produkte mit Mehrwert herstellen und entwickeln?
Jim: Das liegt ganz einfach in der Natur des Chemie-Geschäfts.
Es ist wichtig, dass wir neue Produkte für die Bedürfnisse der Welt produzieren. Manchmal können diese Produkte ganz alltäglich sein. Chlor ist zum Beispiel eine Substanz, die es schon seit vielen, vielen Jahrzehnten gibt. Und dennoch reinigt das von uns im Vereinigten Königreich produzierte Chlor 98% der Wasserversorgung des Landes. Das ist eine Statistik, auf die man stolz sein kann. Wir haben auch ein Bio-Chlor-Membranverfahren entwickelt, um auf Quecksilber verzichten zu können und zur Steigerung der Effizienz bei der Chlor-Herstellung um rund 30%.
Ein weiteres Beispiel sind synthetische Motorenöle. Weil Automotoren immer komplexer und immer effizienter werden, brauchen sie hochwertige Motorenöle. Wir produzieren synthetische Öle für den Einsatz in hochwertigen Schmierstoffen.
Aber das ist noch nicht alles. Wir nutzen unser Know-how auch für Getriebe von Antrieben und Kompressoren. Hier ist ein gutes Beispiel die spezielle schmiermittelart, die wir für Windkraftanlagen entwickelt haben. Sie können sich vorstellen: Wenn Sie eine Windkraftanlage aufgebaut haben – auf eine hohe Konstruktion, auf der sich das Getriebe ganz weit oben befindet – werden Sie nicht jede Woche rauf und runter klettern wollen, um die Anlage zu schmieren. Deshalb haben wir Produkte entwickelt, die eine gute Scherfestigkeit, lange Haltbarkeit und gute Schmiereigenschaften aufweisen. Sie reduzieren die Reibung und sind somit ideal dazu geeignet, die Lebensdauer der Windkraftanlagen auf der ganzen welt zu verlängern.
Wir stellen auch Acrylnitril, den Vorläufer der Karbonfaser, her. Karbonfaser ist leicht und stark. Bei Verwendung in Flugzeugen kann man den kraftstoffverbrauch um etwa 30% reduzieren, weil sich dann eine leichtere Konstruktion durch die Luft bewegt. Das ist also nicht nur im Golfsport so. Aber im Transportbereich macht es viel aus. Und wir von INEOS sind der Meinung, dass wir Produkte herstellen, die sich von der Konkurrenz abheben.