DER Tag der Entscheidung steht für INEOS Britannia kurz bevor. Ende Oktober wird der „Challenger of Record“ beim 37. America‘s Cup wissen, ob er die begehrteste Segeltrophäe der Welt zum ersten Mal in ihrer 173-jährigen Geschichte gewonnen hat.
Aber wir wollen nicht vorgreifen. Um überhaupt dorthin zu kommen, ist noch eine Menge zu tun.
„Den America‘s Cup zu gewinnen, ist eine der schwersten Aufgaben im Sport überhaupt. Das ist es, was uns als Team motiviert“, so Sir Ben Ainslie, der sein Team diesen Sommer zum Sieg führen möchte. „Wir wissen, dass es eine große Herausforderung ist, aber wir sind dafür gerüstet.“
Letztes Mal wurde der Wettbewerb im Inner Hauraki Gulf vor der neuseeländischen Küste bei Auckland ausgetragen. Dieses Mal ist es das Mittelmeer bei Barcelona.
„Wir haben ein ganz anderes Boot als letztes Mal“, so Sir Ben.
Der viermalige olympische Goldmedaillengewinner äußerte sich nach der offiziellen Taufe und Jungfernfahrt des markanten neuen 23 Meter langen Rennboots von INEOS Britannia. „Nach der jahrelangen Design- und Entwicklungsphase war es ein fantastisches Gefühl, auf dem Wasser zu sein und all das Erlernte in die Praxis umzusetzen“, sagte er.
Britannia ist das Ergebnis der Zusammenarbeit von INEOS mit dem Formel-1-Team Mercedes-AMG Petronas, das bei der Gestaltung und Konstruktion der 6,2-Tonnen-Rennyacht in einem Flugzeughangar auf dem Turweston Airfield in Brackley in der englischen Grafschaft Northamptonshire mitgewirkt hat.
„Es ist schwer zu erklären, wie komplex diese Boote eigentlich sind“, so Sir Ben. „Wir haben mehr als 100.000 Bauteile individuell entwickelt und hergestellt. Von der technischen Herausforderung her ist es wie Formel 1 auf Speed.”
Das Boot wurde zunächst bei Carrington Boats in Hythe in der englischen Grafschaft Hampshire gebaut und anschließend zu Struktur- und Belastungstests nach Turweston gebracht.
Martin Fischer ist Chefdesigner bei INEOS Britannia. „Ich bin überzeugt, dass es zu neuen und möglicherweise besseren Lösungen führt, ein Problem von verschiedenen Seiten zu betrachten“, sagt er.
„Die Arbeit mit dem Formel-1-Team von Mercedes in Brackley hat extrem fruchtbare Gespräche zwischen Rennauto- und Rennyachtdesignenden mit sich gebracht. Daraus ist eine Yacht entstanden, die Beobachtende mit ihrem Aussehen verblüfft hat und hoffentlich auch auf der Regattastrecke für positive Überraschungen sorgen wird.“
INEOS Britannia hat auch andere Elite-Teams bei INEOS Sport um Rat gefragt, zum Beispiel das Fahrradfahrerteam von INEOS Grenadiers, das die acht fahrradfahrenden Segler („Cyclors“ genannt) in den letzten beiden Jahren auf den Cup vorbereitet hat.
Vier von ihnen sind ehemalige Olympiaruderer und drei sind vor der offiziellen Jungfernfahrt noch nie auf einem foilenden Rennboot gewesen.
Matt Gotrel und Freddie Carr sind zwei dieser Fahrradfahrer. Matt hat 2016 mit dem britischen Achter in Rio de Janeiro Gold gewonnen, und Freddie ist seit zwanzig Jahren beim America‘s Cup dabei. Damals waren Geschwindigkeiten von 16 Kilometern pro Stunde die Regel.
„Heute fliegen sie mit mehr als 95 km/h über das Wasser“, sagt er.
Bis zum Start des Wettbewerbs am 22. August geht es nun darum, die Fähigkeiten von Britannia auf die Probe zu stellen, bevor bei der Vorregatta in Barcelona alle sechs AC75s zum ersten Mal ins Rennen gehen. Anschließend kämpfen die fünf Herausforderer um den Louis Vuitton Cup und das Recht, den Titelverteidiger Emirates Team aus Neuseeland herauszufordern.
„Vor uns liegt eine gewaltige Herausforderung, und ich weiß, dass das Team sie mit Mut und Entschlossenheit angehen wird“, sagt Sir Jim Ratcliffe, Vorstandsvorsitzender von INEOS.
Der America’s Cup geht auf das Jahr 1851 zurück, als Großbritannien die USA zu einem 51-Meilen-Rennen rund um die Isle of Wight herausforderte. Die Briten verloren das Rennen und haben es trotz vieler Versuche noch nie gewonnen.
Für die mittlerweile mehr als 200 Mitglieder des britischen Teams ist diese Chance, Geschichte zu schreiben, eine besondere Motivation.
„Das ist das beste britische Segelboot, das jemals gebaut wurde“, sagt Freddie.
„Die Mondraketen sind dagegen Kinderkram. Außerdem ist es auch ein Kunstwerk.“