Der Britische herausforderer für Den America‘s Cup möchte mit hilfe einer glorreichen vergangenheit die zukunft gestalten
ELEANOR Roosevelt sagte einst: „Die Zukunft gehört denen, die an die Schönheit ihrer Träume glauben.“
Im britischen Portsmouth, wo das INEOS TEAM UK beheimatet ist, sind diese Träume – wie sie vor etwa 18 Monaten erstmals auf Papier skizziert worden waren – nun Wirklichkeit geworden.
Die INEOS-Teilnahme am America‘s Cup würde etwas Spektakuläres hervorbringen, soviel war klar. Und genauso ist es. Und zwar eine futuristische Segelyacht, die „fliegen“ kann. „Nichts dergleichen hat man auf dem Wasser bisher gesehen“, meinte Chef-Designer Nick Holroyd.
Das Boot wurde Britannia getauft, wie die berühmte Regattayacht des englischen Thronfolgers, die es zeit ihres Lebens auf beneidenswerte 231 Siege brachte. Die Britannia wurde 1893 für den späteren König Edward VII gebaut und sie herrschte tatsächlich über die Wellen. Das INEOS Boot – das erste des Teams – wurde im Oktober offiziell vorgestellt. Eines seiner prägenden Merkmale ist der torpedo-ähnliche Rumpf.
Sir Ben Ainslie äußerte in seiner Ansprache die Hoffnung, erstmals in der 168-jährigen Geschichte des America‘s Cup ein britisches Team zum Sieg führen zu können. INEOS-Gründer Sir Jim Ratcliffe und seine Tochter Julia tauften die Yacht anschließend Britannia.
„Ich bin natürlich nicht ganz objektiv, aber für mich ist der Name Britannia eine wunderbare Anspielung auf unsere Geschichte als Seefahrernation“, meinte Ben.
Die AC75-Yacht wird nun im Wasser des Solent, jenes Seitenarms des Ärmelkanals, der die Isle of Wight vom englischen Festland trennt, ausgiebig getestet. Anschließend geht es nach Italien, um dort vor der Küste Sardiniens Winterwind und -wetter optimal zu nutzen. Ihre Leistung auf See entscheidet über Veränderungen, die am zweiten Boot vor dessen Vorstellung im Februar 2020 vorgenommen werden.
„Dies ist tatsächlich eine entscheidende Phase in der Kampagne“, erklärte Ben. „Unsere Erkenntnisse werden in das zweite Rennboot und schließlich 2021 in den America‘ s Cup selbst einfließen.“
Trotz aller Bemühungen ist es bislang keiner britischen Crew gelungen, den ruhmreichen America‘s Cup zu gewinnen. „Die Bemühungen um den Sieg benötigten einen frischen Ansatz, eine neue Strategie und ernsthafte Unterstützung durch INEOS, sodass unser Fokus ganz und gar auf unsere Mission ausgerichtet ist“, führte Ben aus.
Die erste Gelegenheit, das Design seiner Yacht im Wettbewerb mit den vier Hauptrivalen zu testen, erhält das britische Team im April 2020 in Cagliari, Sardinien, wo alle Yachten am ersten Rennen der America‘s Cup World Series teilnehmen. Der eigentliche America‘s Cup-Wettkampf 2021 findet im März 2021 statt.
Das Team hat zwar – dank der Simulatoren, die das Design- und Segelteam an Land einsetzt – „eine realistische Vorstellung“ davon, was es von seiner AC75 erwarten kann; die Dynamik lässt sich jedoch schwer vorhersagen.
„Es kommen wahrscheinlich neue Herausforderungen auf die Segler zu“, meinte Ben.
„Die Besatzung, die 2021 die Geschichte neu schreiben will, hat bereits ihre Lektionen gelernt. Was genau, wird unter Verschluss gehalten, aber das Design des zweiten Bootes des INEOS Team UK wird weiter verfeinert werden.“
„Wir wissen schon jetzt viel, was beim zweiten Boot anders werden soll“, so CEO Grant Simmer.
Die Uhr läuft für alle Teams, die am begehrten America‘s Cup teilnehmen werden.
Grant berichtete, Sir Ben Ainslies britische Crew wollte bereits früh ein Testboot herausbringen.
„Unser erstes Testboot T5 war wirklich eine gute Sache. Wir hatten damit schon in einer Frühphase der Kampagne ein Programm und ein Projekt“, erzählte er.
„Das Land-Team und das Segel-Team mussten sich zusammensetzen und einige Systeme entwickeln. Wir lernten schon allein dadurch, dass wir ein Boot dieser Konfiguration draußen segeln mussten.“
Das Ziel lautet nun, möglichst viel Zeit mit der ersten AC75 „Britannia“ auf dem Wasser zu verbringen und die Designs der Boote anderer Teams zu studieren.
„Aus diesen beiden Erfahrungen ergibt sich letztlich das Design unserer zweiten AC75“, sagte er.
Ein Boot konnte erst vor Kurzem auf dem Wasser studiert werden, und zwar jenes des Emirates Team New Zealand. Dieses Team hatte kein Testboot gebaut, sondern gleich sein AC75-Programm begonnen.
„Sie haben sich seit dem letzten Cup stark auf ihren Simulator verlassen – wie alle anderen Teams –, aber ich halte ihre Strategie nicht für besonders riskant“, meinte Grant.
Laut Grant wäre das Deckslayout des Team New Zealand sehr einfach gehalten, mit Schwerpunkt auf der Energieerzeugung. Aber bei potenziellen Geschwindigkeiten von mehr als 50 Knoten ist im Wettbewerb alles möglich.
„Es kann sehr leicht zu Ausfällen kommen, weil diese Boote sehr leicht sind und kentern können“, erklärte er. „Ein wesentliches strukturelles Problem kurz vor den Meisterschaften, und es kann vorbei sein – für jeden.“
AC75 Britannia
BAUZEIT IN STUNDEN: 50.000+
DESIGN AUFWAND IN STUNDEN: 90.000+
CNC MASCHINENSTUNDEN: 45.000+
EINZELTEILE: 25.000
GESCHÄTZTE HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT: 50 KNOTEN, 57,5 MPH, 92,6 KM/H
LÄNGE: 22,76 M MIT BUGSPRIET (20,7 M OHNE)
MAX. BREITE: 5 M BREITE
GEWICHT: 6.450 KILOGRAMM
RUMPF UND RIGG: KARBONFASER
RIGG: ZWEILAGIGES SOFTWING-SEGEL
CREW: 11
CREW-GEWICHT: MAX. 990 KG