Trotz all der Vorteile, die Kunststoffe für Bau-, Gesundheits-, Auto- und Verpackungsindustrie bieten, steigt allmählich das Bewusstsein dafür, dass grundlegende Veränderungen notwendig sind, damit das Meer nicht im Kunststoffmüll ertrinkt
INEOS unterstützt offiziell eine internationale Initiative zum Stopp der Plastikverschmutzung von Ozeanen und Flüssen.
Vorstandschef und Gründer Jim Ratcliffe unterzeichnete „Operation Clean Sweep“® der weltweiten Kunststoffindustrie und versprach, alles in seiner Macht Stehende zu tun.
Die Entscheidung dafür fiel, als das Umweltprogramm der Vereinten Nationen meldete, dass jedes Jahr etwa acht Millionen Tonnen Kunststoff im Meer landen.
„Wenn nicht jetzt weltweit gehandelt wird, werden unsere Ozeane mit den Resten des menschlichen Konsums gefüllt sein“, erklärte ein Sprecher in einem neuen Bericht.
„Solche Statistiken machen Angst und solche Zahlen prägen sich vor allem Politikern, Nichtregierungsorganisationen (NGO), Umweltinitiativen und der Allgemeinbevölkerung ein“, so Dr. Jason Leadbitter, Leiter für Nachhaltigkeit und soziale Unternehmensverantwortung bei INOVYN.
Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen beabsichtigt, über die nächsten fünf Jahre sechs Millionen Dollar in die ambitionierte Kampagne zu investieren, um ein vernachlässigtes Problem in den Vordergrund zu rücken.
Wenngleich Dr. Leadbitter vielleicht für ein Unternehmen tätig ist, das zu den größten Kunststoffherstellern der Welt gehört, ob in Granulat- oder Pulverform, so meint er, INEOS sei sich dieses Problems schon seit Jahren bewusst – und versuche es zu bewältigen.
„Es gibt bei uns schon unzählige Abläufe, die ein sorgfältiges Management der Standorte und der Verfahren gewährleisten, damit Kunststoffpulver und -granulate nicht verloren gehen“, berichtete er. „Wir haben überall Überlaufvorrichtungen und achten jederzeit auf gute Ordnung und Sauberkeit, damit nichts in die Umwelt gelangt.“
Eines der wichtigsten Anliegen von „Operation Clean Sweep“® wird jedoch darin bestehen, INEOS-Beschäftigten zusätzliche Schulungen anzubieten, ihnen mehr Verantwortung zu übertragen und regelmäßige Prüfungen vorzunehmen.
„Wir müssen nachweislich positive Maßnahmen ergreifen, denn man wird uns in den kommenden Jahren daran messen“, gab er zu bedenken. „Dies liegt auch in unserem Interesse, denn diese Verluste sind, auch wenn sie noch so gering sind, von wirtschaftlicher Bedeutung für das Unternehmen.“
Er erinnert sich, wie er vor zehn Jahren in Sardinien am Strand saß und seine Tochter Kunststoffgranulat aus dem Sand fischte und wissen wollte, was das war.
„Ich muss sagen, es war mir eher unangenehm, ihr erklären zu müssen, dass das Kunststoffgranulat war und dass ich in einer Branche tätig bin, die solches Granulat herstellt“, gestand er.
Leadbitter meinte, die Zukunft könnte für die Branche düster werden, wenn sie dieses wachsende und schwerwiegende Problem nicht in den Griff bekäme.
„Wenn wir es nicht schaffen, droht der Verzicht auf Kunststoffe, wie es einige NGOs heute schon für bestimmte Arten von Einweg-Plastik fordern“, deutete er an. „Zum Glück kommt „Operation Clean Sweep“® nun in Gang und gewinnt in dem Maße wie immer mehr Unternehmen sich der Initiative anschließen, bei einer Reihe von NGOs an Glaubwürdigkeit.“
Fidra, eine schottische Organisation, schätzt, dass allein im Vereinigten Königreich jährlich 53 Milliarden Kunststoffgranulate verlorengehen.
„Wenn Sie sich nun vorstellen, dass ein 24-Tonnen-Tanker etwa 1,5 Milliarden Pellets fasst, kennen Sie die Größenordnung des Problems“, so Leadbitter.
Glücklicherweise will Fidra mit der Branche und mit Fachverbänden arbeiten, nicht gegen sie.
„Fidra kennt die Bedeutung der Kunststoffe für die Gesellschaft und versucht, das Problem gemeinsam anzugehen”, meinte Leadbitter. „Fidra sieht Operation Clean Sweep® als eine Maßnahme der Industrie zur Übernahme von Verantwortung.“
Aber Kunststoffgranulat ist nur ein Teil des Problems.
Mikropartikel – die winzigen Kunststoffteilchen, die in Peeling-Produkten für die Körper- und Gesichtspflege enthalten sind – sind dazu gedacht, ins Abwasser gespült zu werden. Doch die Partikel schweben im Wasser und werden mitunter über erhebliche Entfernungen befördert. Es gibt unzählige Kampagnen für deren Verbot, doch inzwischen werden sie von Fischen gefressen, die sie für Nahrung halten.
„Ich persönlich finde Mikropartikel vollkommen unverantwortlich“, so Leadbitters eigene Meinung.
„Dass sie in die Natur gelangen, ist unvermeidlich, und sie schaden dem Ruf der Kunststoffindustrie eindeutig.“ Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen plant über die nächsten fünf Jahre, die größte Reinigungsaktion aller Zeiten an den Stränden dieser Welt in Gang zu setzen, um auf das Problem aufmerksam zu machen.
„Das ist nicht nur ein Thema für die Industrie, sondern für die gesamte Gesellschaft“, erklärte Leadbitter.
ELLEN MACARTHUR WARNT VOR AUFZIEHENDEM STURM
DAME Ellen MacArthur, die 2005 mit der schnellsten Weltumseglung im Einhandsegeln Geschichte schrieb, ist zu einer treibenden Kraft für die Veränderung geworden.
Sie ist der Überzeugung, dass die heutige Struktur der Weltwirtschaft grundsätzlich mit Fehlern behaftet ist – und dass die Menschen sich an der Natur orientieren müssen, die nichts verschwendet.
„Wie kann unsere Wirtschaft auf lange Sicht funktionieren, wenn sie begrenztes Material aus der Erde nimmt, etwas daraus herstellt und es letztlich wegwirft?“ Diese Frage stellte sie in den Raum. „Wir müssen ein Wirtschaftssystem aufbauen, in dem Dinge gebraucht, nicht verbraucht werden.“
In einem im Januar von der Ellen MacArthur Foundation und dem Weltwirtschaftsforum veröffentlichten neuen Bericht werden Kunststoffhersteller weltweit aufgerufen, bessere Verpackungen zu konzipieren, die Wiederverwertungsraten zu steigern und neue Modelle einzuführen, um Verpackungsmaterialien besser zu nutzen.
Nur 14 Prozent der Kunststoffverpackungen werden derzeit wiederverwertet. Dieser Anteil könnte ihrer Meinung nach leicht auf 70 Prozent gesteigert werden, wenn das Design überdacht würde.