Vor gut zehn Jahren traf INEOS eine weitreichende Entscheidung. Es erwarb INNOVENE für neun Milliarden Dollar von BP. Teil des Geschäfts war die Akquisition eines Standorts in Köln
DIE Zukunft des Bereichs Petrochemie von BP in Köln erschien ungewiss.
BP war nicht mehr an der Herstellung von Chemikalien interessiert und wollte den Geschäftsbereich entweder abspalten oder verkaufen und sich auf sein rentableres Kerngeschäft, die Produktion von Öl und Gas, konzentrieren.
Doch wo BP keine Zukunft für die Produktion von Chemikalien sah, erkannte INEOS gewaltige Möglichkeiten für INNOVENE. Innerhalb von Monaten kaufte INEOS dem Ölriesen seine Tochtergesellschaft für Olefine, Derivate und Raffinerie für neun Milliarden Dollar ab – und mit ihr auch den Standort Köln.
Die Beschäftigten hatten kaum Grund zur Sorge.
Denn innerhalb von Wochen begann dieses den meisten von ihnen unbekannte Unternehmen, positive Veränderungen in der Führung der Gesellschaft vorzunehmen.
Der Schwerpunkt wurde sofort wieder auf die wichtigsten Stärken des Standorts verlagert – Sicherheit, Manufacturing Excellence und seine Kunden.
„Ich erinnere mich noch an meine Erleichterung darüber, dass sich der Ansatz von INEOS so sehr von dem von BP unterschied“, so Dr. Axel Göhrt, früherer Leiter Betriebsstandortdienstleistungen, heute Geschäftsführer Produktion und Technik. „Die Belegschaft erkannte den Unterschied sehr rasch.“
Es gab neue Führungsstrukturen, und die Beschäftigten wurden angewiesen, vermeidbare Ausgaben zu streichen. Verhaltet euch wie Eigentümer, lautete die Devise. Gebt das Geld aus, als wäre es euer eigenes, sagte man ihnen.
„INEOS wurde als geradlinig wahrgenommen“, so Dr. Patrick Giefers, früherer Leiter der Rechtsabteilung und des Personalwesens bei BP, heute kaufmännischer Geschäftsführer und Arbeitsdirektor.
„Politik spielte keine Rolle, und die Gespräche mit INEOS Capital verliefen in den Anfangstagen völlig unproblematisch. Das war enorm hilfreich, weil alle Bedenken rasch geklärt werden konnten.“
Während traditionelle Chemieunternehmen oft einen konservativen Ansatz in Bezug auf ihre Finanzen verfolgten und enorme Fixkosten hatten, war INEOS ein erfrischend junges Unternehmen mit einem schlanken, ehrgeizigen Management.
Einige mussten sich jedoch erst an den Gedanken gewöhnen, dass BP die Gesellschaft an ein Unternehmen verkauft hatte, das nun mit neun Milliarden Dollar in der Kreide stand.
„Die Deutschen sind vorsichtig und machen nicht gerne Schulden“, so Patrick. „Manche taten sich anfangs schwer.“ Doch sie ließen sich überzeugen, dass INEOS das richtige Unternehmen für die Aufgabe war, als in den Standort investiert wurde.
Binnen sechs Monaten hatte INEOS seine Absicht angekündigt, etwa 40 Millionen Euro in den Ausbau der Kölner Krackerkapazität zu investieren. Dann würde der Standort zusätzliche 100.000 Tonnen Ethylen pro Jahr produzieren.
Das zusätzliche Ethylen würde entweder für die Polyethylenherstellung verwendet werden oder man würde über das ARG-Pipelinesystem andere INEOS-Standorte damit beliefern.
Und diese Investitionen – diese Überzeugung, dass die Beschäftigten den nötigen Antrieb und das Know-how für die Umsetzung mitbringen – wurden über die letzten zehn Jahre fortgesetzt.
Seit INEOS den Standort vor zehn Jahren erwarb, wurden knapp 700 Millionen Euro in die Anlage investiert, und die Produktion wurde gesteigert. BP hatte in dem Jahr als es die Gesellschaft verkaufte, allein für diesen Standort 144 Millionen Euro aufgewendet.
Die Anlagensicherheit ist nun wieder dort, wo sie sein soll – ganz oben auf der Prioritätenliste des Standorts.
Seit 2006 sind bei der OSHA-Häufigkeit beständige Verbesserungen zu verzeichnen. Das beste Jahr des Standorts im Hinblick auf die Sicherheit war 2013, als die Häufigkeit bei nur 0,13 lag.
Das Kundendienstteam – damals in Belgien und im Vereinigten Königreich angesiedelt – wurde nach Deutschland verlegt, sodass die Beschäftigten selbst mit Techniker/innen und Kolleg/innen in den Produktionsanlagen sprechen konnten.
INEOS war in Bezug auf die Planung seiner Aufwendungen schon immer klug: neue Anlagen, Beseitigung von Infrastrukturengpässen und Veränderungen, die letztlich den Kunden zugute kommen.
„Wir fliegen nicht Business-Class, aber INEOS kümmert sich in anderer Hinsicht um uns“, so Axel.
2013 wurde die Größe der Isoamylenanlage verdoppelt und die Position als Hersteller von Weltrang für einen Grundstoff gefestigt, der sich für die unterschiedlichsten Spezialprodukte einsetzen lässt, wie etwa für Duftstoffe, Agrochemikalien, Peroxide, Polymerantioxidantien und Kohlenwasserstoffharze.
Das Projekt wurde sicher, effizient und innerhalb des Kostenrahmens umgesetzt.
„Es war ein Beweis für die hohen betrieblichen und technischen Standards, die an dem Standort umgesetzt wurden“,
so ein Kommentar von Karel Brabant, dem damaligen Geschäftsbereichsleiter (Operations Director) von INEOS Oligomers.
Der Schlüssel zum Kölner Erfolg liegt vielleicht im deutschen Umgang mit Vermögenswerten und in der britischen Geschäftsführung.
„Qualität ist uns wichtig“, erklärt Axel. „Wir achten auf die langfristige Qualität der Anlagen. Deswegen profitieren wir von der Wertarbeit unserer Großeltern. Auch das Verhältnis zu den Gewerkschaften und zum Betriebsrat ist sehr konstruktiv. Wir hatten in den letzten 40 Jahren keinen einzigen Streik.“
Für die Zukunft plant INEOS noch mehr Investitionen in den Standort, um sein Portfolio an Produkten mit höheren Gewinnspannen zu entwickeln.
In diesem Jahr alleine werden etwa 100 Millionen Euro für die Anlagenerweiterung und Infrastrukturverbesserung ausgegeben.
„INEOS würde nicht investieren, wenn sie die Investitionen nicht für lohnend hielten“, erklärt Patrick. „Die Beschäftigten wissen also, was sie zu tun haben. INEOS steckt eine Menge Geld in Köln. Wir müssen nun dafür sorgen, dass die Erwartungen erfüllt werden.“