Interview mit Tony Traynor, INEOS Group Operations Director Von: John Baker, Global Editor, ICIS
Sicherheit hat für die Unternehmensleitung und die Beschäftigten in allen 15 operativen Geschäftsbereichen von INEOS höchste Priorität. Kontinuierliche Verbesserung braucht jedoch kontinuierlichen Fokus. Mit Beginn von 2012 wird das Unternehmen sein Engagement in Sachen Sicherheit auf einen anderen Level setzen.
INEOS sieht bei der Sicherheitsleistung für die einzelnen Geschäftsbereiche weiterhin einen Trend zur Verbesserung. Aber im Januar wird Tony Traynor, INEOS Group Operations Director, auf Gruppenebene die Verantwortung für Sicherheit, Gesundheit und Umwelt (SHE) mit zentraler Überwachungsfunktion für die Verfahrenssicherheit und die Sicherheitskultur übernehmen. „Bei meiner Aufgabe“, sagt er, „geht es darum, dafür zu sorgen, dass Dinge in die Praxis umgesetzt werden, sowie sicherzustellen, dass wir das meiste aus besten Praktiken von allen unseren Geschäftsbereichen und anderen in der Industrie machen.“
Traynor wird in der Lage sein, das gesamte Unternehmen zu betrachten. Dadurch „sollten wir Trends identifizieren können, die zu berücksichtigen sind, damit ich mich gemeinsam mit den Operations Directors [in den Geschäftsbereichen] entsprechend einsetzen und an allen Problemen arbeiten kann.“ Er wird zudem die Ergebnisse der Untersuchungen von Beinaheunfällen und Unfällen, die geschehen, prüfen, und sicherstellen, dass alle Bedenken bearbeitet und Lernerfahrungen geteilt werden.
Er erklärt, es sei immer schon unerlässlich gewesen, dass alle INEOS-Geschäftsbereiche monatlich über alle entscheidenden Sicherheitsangelegenheiten und die Zuverlässigkeit der Anlagen berichten, während die Operations Directors an den Vorstandsvorsitzenden jedes Geschäftsbereichs berichten. Dieser Fokus hat sich bereits ausgezahlt, da sich zum Beispiel die Unfallrate von INEOS-Beschäftigten und Beschäftigten von Partnerfirmen im Laufe der letzten 10 Jahre von 0,81 klassifizierten Unfällen bei 100.000 Arbeitsstunden im Jahr 2002 auf 0,19 im Jahr 2011 zweimal halbiert hat.
Im Hinblick auf wesentliche Parameter konzentriert sich INEOS am meisten auf Verletzungen, Umweltereignissen, Verstöße gegen Rechtsvorschriften, Betriebssicherheit der Anlagen und Leckagen, Inspektionsraten und Vorfälle/Beinaheunfälle. Für Letzteres, sagt Traynor, gibt es ein entscheidendes System für den Bericht und die Messung von Beinaheunfällen. „Je mehr Beinaheunfälle uns bekannt sind, desto höher ist unsere Chance, daraus zu lernen und tatsächliche Unfälle zu vermeiden. Deshalb ermutigen wir unsere Beschäftigten aktiv, jeden Beinaheunfall zu melden.“
Traynor, er erwarb Erfahrungen in der Industrie bei ICI Acrylics bevor er Operations Director bei INEOS Chlor und später INEOS Raffinery wurde, erklärt, dass INEOS über drei entscheidende Erfolgsfaktoren verfüge: „Nummer eins ist der sichere Betrieb unserer Anlagen; Nummer zwei, die Anlagen auf höchstem Leistungsniveau zu betreiben, und Nummer drei besteht darin, auf niedrigster nachhaltiger Kostenbasis zu arbeiten. Effizienz, Verfügbarkeit und Betriebssicherheit sind miteinander verknüpft und unerlässlich für den Erfolg aller unserer Geschäftsbereiche.“
Um Verbesserungen hinsichtlich der Sicherheitsleistung zu erreichen, hat Traynor bei INEOS eine Initiative des Process Safety- Managementteams geleitet, deren Ziel es ist, zwei Regelwerke von je zehn Grundprinzipien zu entwickeln, welche die Standards fürs Unternehmen setzen. Diese wurden im Laufe der Jahre auf Grundlage der Erfahrungen und Lernprozesse innerhalb des INEOS-Konzerns entwickelt, aber auch unter Einbeziehung externer Erfahrungen, die bei bekannten Vorfällen wie z. B. der Explosion bei BP in Texas City oder der Explosion des Tanklagers Buncefield in Großbritannien gemacht wurden.
Traynor ist insbesondere deshalb bestens für die Aufgabe geeignet, externes Wissen im Konzern praktisch zu verwerten, da er Vorsitzender der britischen Process Safety Leadership Group war, die 2007 nach dem Buncefield-Vorfall gebildet wurde und sich mit dem Vorantreiben hoher Standards bei der Leitung der Betriebssicherheit und mit der abschließenden Implementierung der Empfehlungen, die sich aus der Untersuchung des Falls Buncefield für den gesamten Industriezweig ergaben, befasste.
Ein Regelwerk der Grundprinzipien, erklärt Traynor, behandle Process Safety Management, während sich das andere Regelwerk mit dem menschlichen Faktor bzw. der Sicherheitskultur und sicherheitstechnischem Verhalten befasst. „Das sind keine Verfahren, die wir herausgeben“, unterstreicht er, „sondern Grundprinzipien, die unsere Arbeitsweise beschreiben.“Im Laufe dieses Jahres werden alle im Unternehmen Beschäftigten darüber informiert werden.
Die Process Safety-Prinzipien zielen auf das technische Niveau ab, um sicherzustellen, dass die richtige Führung und die richtigen Werte gesetzt sind, und um die Betriebssicherheit der Anlagen zu erhalten, so Traynor. „Zur Gewährleistung eines sicheren Betriebs wollen wir die Anlage immer im bestmöglichen Sicherheitszustand halten. Das wird immer bedeuten, Sicherheit immer vor die Produktion zu stellen. Es gibt eine Reihe von unerlässlichen Dingen wie zum Beispiel erfahrene Leute mit entsprechender Schulung. Zudem ist es von entscheidender Bedeutung, die Anlagen in Schuss zu halten und so für deren Betriebssicherheit zu sorgen. Wir wollen Leckagen vermeiden, denn dies ist die Grundlage der Sicherheit in unseren Werken.“
Hinsichtlich des Aspekts des menschlichen Faktors, fügt er hinzu, „geht es tatsächlich um das Verankern richtiger Werte und Verhaltensweisen, damit die Menschen verstehen, dass wir Produktion nicht vor die Sicherheit stellen. Wir erwarten von den Beschäftigten in den Anlagen nicht, dass sie Risiken eingehen. Daher müssen wir dafür sorgen, dass wir die richtige Kultur fördern und die Durchführung exakter Risikoanalysen sicherstellen.“
Traynor fügt hinzu, dass die Grundprinzipien allgemeine Anwendung finden, so dass jeder, der in einem INEOS Werk arbeitet, geschützt wird. „Wir wollen keine unterschiedlichen Werte für einzelne Werke. Und wir wollen nicht, dass eigene Beschäftigte und Beschäftigte von Partnerfirmen anders betrachtet werden.“
Angesichts der INEOS-Geschichte von Wachstum durch Akquisitionen hat es in der Gruppe ein breites Spektrum an Kulturen gegeben. Aber, sagt Traynor, „Sicherheit hat für uns höchste Priorität. Auf dieser Grundlage verankern wir allgemeine Werte und Prinzipien. Wie diese erfüllt werden, wird von der Kultur abhängen. Hauptsache ist, dass sie erfüllt werden.“
Traynor weiß, dass er aktuell auf einem bereits bestehenden glaubwürdigen Sicherheitsniveau aufbaut, das kontinuierlich verbessert wird. INEOS gehört in Bezug auf klassifizierte Unfallraten zum oberen Viertel petrochemischer Unternehmen. Einige Hersteller, fügt er hinzu, haben doppelt so hohe Raten wie INEOS. Aber dann wiederum bemerkt er: „Wir betrachten Exxon Mobil als Branchenführer. Wir sind noch nicht so gut wie sie, aber wir liegen nicht weit zurück!“
In seiner neuen Rolle betont Traynor für das kommende Jahr seine Leidenschaft für ständige Verbesserung in Leistungen hinsichtlich Sicherheit, Gesundheit und Umwelt. Sein wichtigstes Anliegen ist, die INEOS-Standorte zu besuchen, um seine Ansichten zu diskutieren und den Ansatz der beiden Prinzipien zu teilen. „Ich möchte, dass die Menschen sie verstehen, akzeptieren und implementieren“, merkt er an.
Natürlich, räumt er ein, fangen die Geschäftsbereiche der Gruppe nicht bei Null an. Alle Geschäftsbereiche haben bereits ihre eigenen Sicherheitsmanagementsysteme etabliert. „Ich möchte, dass sie die neuen Grundprinzipien mit ihren bestehenden Systemen vergleichen und prüfen, ob sie ihnen gerecht werden. Sie können dann lernen und weiter vorankommen. Mit dem konzernweitem Blick bin ich überzeugt, dass wir unsere Lernprozesse beschleunigen und weiterhin eine immer besser werdende Erfolgsgeschichte sehen“, schließt Traynor.