Als Folge des wirtschaftlichen Abschwungs des Jahres 2009 verzeichnete INEOS im Jahr 2010 eine deutliche Verbesserung der Ergebnisse des Geschäftsjahres. Dieser Trend hielt während der ersten Hälfte des Jahres 2011 an. Wie sieht angesichts der Tatsache, dass das Vertrauen in die Weltwirtschaft in der zweiten Jahreshälfte zurückging und sich die Nachfrage abgeschwächt hat, für das Unternehmen die Zukunft im Jahr 2012 aus? Zum Ausklang des Jahres 2011 teilt uns John Reece dazu seine Meinung mit.
INEOS weiß, wie man mit einer Rezession umgeht. Als der Abschwung 2008/09 eintraf, reagierte das Unternehmen schnell, um seine Kosten und Geldmittel zu lenken. Alles Steuerbare wurde straff verwaltet. Während der Abschwung über die meisten, wenn nicht alle Märkte, hereinbrach, blieb das Unternehmen in einem akzeptablen Zustand.
Nach Senkung der Kosten, Effizienzsteigerungen und verringerter Mittelbindung im Umlaufvermögen wurde INEOS – so sagen manche – als sich die Wirtschaftslage entspannte, ‘aus der Rezession katapultiert.’
„Zwischen 2009 und 2010 nahmen wir 200 Millionen Euro aus den Fixkosten und haben das nicht rückgängig gemacht. Das ist einer der Gründe, warum wir weiterhin so erfolgreich sind”, sagt John Reece, Financial Director der INEOS AG.
Mit einem Vorsprung von 70 Prozent im Vergleich zu 2009 beweist das Ergebnis von 2010, die Richtigkeit dieser Aussage. Da die Nachfrage weiterhin an Fahrt gewann, schien es, als ob 2011 ebenfalls alle Rekorde brechen würde. Für die erste Jahreshälfte traf das auch tatsächlich zu. INEOS verzeichnete zwei Rekordquartale, bis September lag das Ergebnis weit über dem von 2010. Die Ergebnisse der ersten Hälfte des Jahres 2011 waren besser als das Gesamtergebnis von 2009.
Auch die Unternehmensstruktur wurde 2011 fundamental gestärkt. Im Juli wurde das Übereinkommen mit PetroChina abgeschlossen. Dadurch wurde ein Raffinerie-Joint Venture mit einem der größten Unternehmen der Welt gebildet. Dieser Abschluss war für die Gruppe ein bahnbrechendes Geschäft, im Rahmen dessen eine Rückzahlung von einer Milliarde US-Dollar an Kreditverbindlichkeiten gegenüber Banken erfolgte. Damit wurde der Fremdfinanzierungsgrad vom 4,4-fachen des Gewinns vor Steuern auf etwa das 3,5-fache des Gewinns vor Steuern reduziert.
„Mit den Raffinerien verhält es sich so: Alles ist zehnmal größer als unsere anderen Geschäftsbereiche. Also sind die zinslosen Kredite des Umlaufvermögens zehnmal höher, der Investitionsaufwand zehnmal größer. Der Transfer des Raffineriebereichs aus der Gruppe in eine separate Finanzierungsstruktur macht einen riesigen Unterschied. Das ist der Grund, warum das Geschäft mit PetroChina so bahnbrechend ist”, erklärt John Reece.
INEOS entwickelte sich im ersten Halbjahr 2011 sehr positiv. Das sollte aber in der zweiten Jahreshälfte auf den Kopf gestellt werden. Da ein erheblicher Teil der Produkte des Unternehmens in Gebrauchsgüter einfließt, tendiert das Unternehmen dazu, sich entsprechend dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu entwickeln. Als das Vertrauen in die Weltwirtschaft im Sommer zurückging, war es wenig überraschend zu beobachten, dass Nachfrage, Margen und Ertragswachstum von INEOS-Produkten ebenso deutlich abnahmen.
In Europa haben Bedenken über öffentliche Schulden und die potenzielle Auswirkung auf den Euro zu Unsicherheit und einem Nachfragerückgang geführt. Ebenso ist die Nachfrage in Nordamerika zurückgegangen, doch die Region zeigt weiterhin eine gute Ertragslage, was teilweise aus der Verfügbarkeit preiswerten Schiefergases resultiert. 50 Prozent des diesjährigen Gewinns vor Steuern stammt aus den USA, und es ist zu erwarten, dass sich diese Entwicklung fortsetzt.
In China ging im November die Aktivität des verarbeitenden Gewerbes erstmalig seit fast drei Jahren zurück. Dies schürte die Ängste hinsichtlich der Gesundheit der Weltwirtschaft. INEOS aber erwartet, dass das Wachstum in diesem Markt nach weltweiten Maßstäben relativ stark bleiben wird. Im dritten Quartal expandierte Chinas Wirtschaft um 9,1 Prozent und damit langsamer als 9,5 Prozent im zweiten Quartal, aber immer noch mit beneidenswerter Wachstumsrate.
„Derzeit erwarten wir, dass das Wachstum in Asien sich trotz unvermeidlichen schwächeren Wirtschaftswachstums langfristig fortsetzen wird”, kommentiert John Reece.
„Nach mehr als zwei Jahren zunehmend strengerer Politik hat Beijing eine neue Runde der Lockerung der währungspolitischen Bedingungen eingeläutet. Durch Reduzierung der Einlagen, die die chinesischen Banken bei der Zentralbank in Reserve halten müssen, wird China die Restriktionen für Kreditvergaben lockern. Das kommt einer Finanzspritze von 63 Milliarden US-Dollar in die Wirtschaft gleich.”
In Nordeuropa und Nordamerika ist INEOS bereits gut positioniert – jetzt blickt man in den Fernen Osten. Ein anderer Vorteil des PetroChina- Geschäfts besteht darin, dass die beiden Unternehmen jetzt eine sehr gute Beziehung zueinander unterhalten. Sie wollen diese weiter ausbauen, indem das Interesse auch auf andere INEOS-Produkte ausgeweitet wird.
Globale ökonomische und politische Turbulenzen haben in vielen Märkten zu Zögerlichkeit geführt. Dadurch kam es in einer Reihe von Sektoren zum Ende dieses Jahres zu einem Nachfragerückgang. Im Vergleich zu den 464 Millionen Euro für das dritte Quartal 2010 und den 576 Millionen Euro für das zweite Quartal 2011 wies INEOS einen Gewinn vor Steuern für das dritte Quartal 2011 in Höhe von 371 Millionen aus.
„Die Nachfrage im vierten Quartal ist weiterhin schwach. Wir erwarten Ähnliches im ersten und zweiten Quartal 2012, bevor sich die Dinge im zweiten Halbjahr langsam zu beschleunigen beginnen”, meint John Reece. „Zum jetzigen Zeitpunkt betrachten wir das Jahr 2012 hinsichtlich Gewinn vor Steuern als Stillstandsjahr. Wenn man sich aber unser reduziertes Investitionsvolumen und die Steuerbegünstigung in der Schweiz ansieht, werden wir immer noch liquide Mittel produzieren und einige Verbindlichkeiten zurückzahlen, was unser Hauptziel ist.”
Sollten wir jemals einen stabilen Kreditmarkt bekommen, ist ein weiteres Hauptziel, raus zu gehen und zu refinanzieren. Sicherlich möchten wir dies 2012 tun.
„Ich glaube, dass wir uns nach der Jahreswende zu 2012 darauf konzentrieren werden, eine Refinanzierung zu erreichen, das wird eine Funktion der Kreditmärkte sein. Nach den Vorgängen in Griechenland ist das momentan nicht leicht einzufordern. Die Kreditmärkte sind viel volatiler als die Chemiemärkte. Wir glauben aber, dass sich das bessern wird. Es fließt eine Menge Liquidität in den US-amerikanischen renditestarken Markt. Daher würde ich sagen, dass wir jedenfalls über die Refinanzierung im zweiten Quartal des kommenden Jahres nachdenken müssen.”
John schließt mit folgenden Worten: „INEOS ist ein Unternehmen, dessen Entwicklung eng mit dem Bruttoinlandsprodukt verknüpft ist. Unsere Basischemikalien fließen in Verbrauchs- oder Gebrauchsgüter ein. Wir sind also immer der globalen Nachfrage ausgesetzt. Aufgrund der schlimmsten Rezession der letzten dreißig Jahre sind wir aber stresserprobt. Wir sind immer noch am Markt und unsere Finanzlage ist heute besser, als sie es zum Jahreswechsel 2008 war. Wir müssen den Konjunkturzyklus durchlaufen – das ist keine Frage. Aber ich glaube, dass wir uns dafür in einem guten Zustand befinden.”