Am 11. Dezember 2011 war der zehnte Jahrestag von Chinas Eintritt in die Welthandelsorganisation (World Trade Organisation, WTO). In seiner Rede zum Gedenken an dieses Ereignis meint Pascal Lamy, Generaldirektor der Welthandelsorganisation: „Zehn Jahre sind eine lange Minute in Chinas Jahrtausende alter Geschichte. Trotzdem gab es in diesen zehn Jahren nie da gewesen Veränderungen in Chinas Wirtschaft und Gesellschaft.”
Sowohl in China als auch in der ganzen Welt bedeutet dieser Jahrestag sehr viel mehr als nur der erleichterte Zugang zu chinesischen Märkten.
„Chinas Wachstumswunder startete nicht erst im Dezember 2001”, erläutert Patrick Lamy. „Das begann vor dem Eintritt in die WTO. Doch der Beitritt zur WTO wurde als ein Weg gesehen, Reformen zu verankern und Veränderungen weiter zu verfolgen. Die WTO- Mitgliedschaft hat Chinas wirtschaftlichen Fortschritt stabilisiert und beschleunigt.”
1980, am Beginn der Reform- und Öffnungsphase, trug China lediglich 2 Prozent zur weltweiten Wirtschaftsleistung bei. 2010 war dieser Anteil auf etwa 14 Prozent gestiegen, China überholte Japan als weltweit zweitgrößte Wirtschaftsmacht. Bis 2016 erwartet der Internationale Währungsfonds, dass diese Zahl auf ungefähr 18 Prozent steigen wird und China damit die USA vom ersten Platz verdrängen wird.
Mit der Entwicklung Chinas zum weltweit größten Handelsland wurden seine Handelsdaten zu einem wichtigen Indikator der weltweiten wirtschaftlichen Situation. Es überrascht also nicht, dass Export- und Importdaten im November einen Rückgang verzeichneten. Dies ist eine klare Widerspiegelung der weltweiten wirtschaftlichen Abkühlung.
Neueste Handelsdaten zeigen, dass Chinas Exporte im November im Vergleich zum Vorjahr zwar um 13,8 Prozent gewachsen sind, sich aber gleichzeitig zum Oktober mit einem Wert von 15,9 Prozent abschwächten. Importe wuchsen im Jahresvergleich um 22,1 Prozent, jedoch weniger als der Anstieg von 28,7 Prozent im Vormonat. Wenngleich jüngste Wachstumsraten etwas gesunken sind, bleibt die langfristige Wachstumsprognose für die Region beeindruckend. Es wird geschätzt, dass Chinas gesamte Importe über die nächsten fünf Jahre 8 Billionen Dollar übersteigen und so enorme Möglichkeiten für weltweiten Handel bieten könnten.
Es überrascht nicht, dass diese Wachstumsrate eine beispiellose Nachfrage nach Öl nach sich gezogen hat. Es ist kein Wunder, dass das Öl- und Gasunternehmen PetroChina zu den Unternehmen mit den höchsten Umsatzerlösen in China gehört und mittlerweile eines der größten Unternehmen der Welt ist.
Die kürzliche Akquisition von 50 Prozent des Geschäftsbereichs INEOS Refining bietet PetroChina das perfekte Sprungbrett, sein Portfolio nach Europa zu erweitern, und es bietet INEOS einen neuen Partner, der in China großen Einfluss hat. Im Rahmen eines Übereinkommens, das mehr als eine Milliarde Dollar umfasst, bildeten PetroChina und INEOS Handels- und Raffinerie-Joint Ventures hinsichtlich der Raffinerieaktivitäten in Grangemouth, Schottland, und Lavéra, Frankreich. Die strategische Zusammenarbeit stärkt die langfristige Zukunftsfähigkeit beider Raffinerien, bietet weitere Investitionen und fördert die Sicherung von Versorgung, Stellen, Fähigkeiten und Wettbewerb auf dem europäischen Markt. Es bietet Vorteile für beide Unternehmen, und diese sind keinesfalls nur auf das 15 Milliarden Dollar-Raffineriegeschäft beschränkt.
INEOS hat sofort auf die Bedeutung aufgesattelt, die das Übereinkommen mit PetroChina-Deal bringt. Kürzlich fand in Tianjin die internationale Konferenz „China Petroleum Chemical„ statt, auf der viele der maßgebenden Unternehmen teilnahmen, darunter INEOS.
„Das weltweite Wachstum spielt sich in China ab”, ist Tom Crotty, Corporate Affairs & Communications Director der INEOS-Gruppe überzeugt. „Wir sehen Wachstumsraten von 10 bis 15 Prozent in der chemischen Industrie. Für ein Unternehmen wie INEOS bedeutet das, wir müssen da präsent sein.”
Tom Crotty und Hans Casier, CEO von INEOS Oxide, hielten auf der Konferenz einen wichtigen Vortrag und sprachen anlässlich des Besuchs des Entwicklungsstandortes Tianjin Economic Technology Development Area (TEDA) vor den Toren von Tianjin mit vielen führenden Vertretern der petrochemischen Industrie Chinas. Viele große multinationale Unternehmen wie Motorola, Toyota und Samsung sind bereits vertreten. Das laufende Bauprogramm in der Bohai Bay verspricht ein idealer Standort für den aufblühenden petrochemischen Handel des Landes zu sein.
Tom Crotty unterstreicht die hohe Geschwindigkeit der Veränderungen und beschreibt den TEDA-Standort so: „Die neue Hafenentwicklung vor den Toren von Tianjin ist ein klassisches Beispiel dafür, was sich innerhalb Chinas abspielt und für die schnell ablaufende Entwicklung. Die Fläche war vor zwei Jahren noch Meer, seitdem wurden Meereskanäle geräumt und ein neuer Hafen wurde gebaut. Mit dieser Infrastruktur als Basis sollen eine neue 30 Millionen Tonnen-Raffinerie und eine komplette Chemieanlage gebaut werden, was INEOS enorme Möglichkeiten eröffnen könnte.”
Obwohl begrenzte Bodenschätze und die ökologischen Kosten hindernde Faktoren für eine schnelle Entwicklung sein mögen, ist China zumindest momentan ein „Land der unbegrenzten Möglichkeiten”. Wer über die nötigen Ressourcen und Fachkenntnisse verfügt, dem steht die Tür weit offen.
„Die chinesische petrochemische Industrie hat sich über die letzten dreißig Jahre entwickelt. Wir haben eine Bevölkerung von 1,3 Milliarden Menschen, also einen sehr hohen Energiebedarf und einen sehr großen Energiemarkt”, sagt Li Yongwu, Vorsitzender der chinesischen Vereinigung für die Petro- und Chemieindustrie. „INEOS hat einen sehr großen Einfluss auf die weltweite petrochemische Industrie. Wir heißen Sie in China willkommen, um in China zu investieren. Ich freue mich auf eine verstärkte Zusammenarbeit mit Ihnen in der Zukunft.”
Der Geschäftsbereich, der jetzt INEOS Technologies ist, lizenziert seit 1973 erfolgreich Technologie, um die durch den erhöhten Bedarf an Chemikalien in China entstandenen Chancen zu nutzen. In seiner Funktion als Partner zahlreicher führender Chemieunternehmen Chinas hat er in diesem Zeitraum mehr als 11 Millionen Tonnen Kapazität an Chemikalien lizenziert. Mittlerweile kennt INEOS Technologies Land und Kultur Chinas sehr gut und verfügt auf diesem wichtigen Weltmarkt über mehr als 38 Jahre Erfahrung bei der Vergabe von Lizenzen für Technologien zur Herstellung von Polyolefinen, Polystyrolen, Nitrilen, Vinylen und Chloralkali.
Andere Geschäftsbereiche von INEOS bereiten sich ebenfalls vor, um den Bedürfnissen Chinas gerecht zu werden. Anfang des Jahres 2011 unterschrieb INEOS Phenol eine Absichtserklärung mit Sinopec, um im Nanjing Chemical Industrial Park in der Provinz Jiangsu eine Phenol- und Acetonproduktionsanlage im Wert von 500 Millionen Dollar zu errichten und zu betreiben.
Im Shanghai-Büro von INEOS befindet sich momentan eine Verkaufsabteilung, die für die Geschäftsbereiche Technologies, O&P Europe und Phenol zuständig ist. In einem Land, an dessen Skyline sich ein riesiges Bauprojekt nach dem anderen reiht und das zumindest zurzeit das weltweite Wirtschaftswachstum antreibt – wer weiß, welche Veränderungen die Zukunft für Roger Wang und den Rest des INEOS-Teams in Shanghai bringt.